Behandlung von Brandwunden mit Adhäsionsfolie

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    • Kühlung: Idealerweise 20°C, steril.
      Realität ist: Wenn ich eintreffe ist das Zeitfenster für eine effektive Kühlung bereits vorbei. Der Wärmeschaden hat sich durch das Gewebe ausgebreitet.
      Die Hitze setzt ihren Weg in den Gewebeschichten fort und soll nun von meiner Kühlung eingeholt werden, wohlbemerkt mit pisslauwarmen Wasser das seltenst steril ist. Jede Kühlung unterhalb 20°C unterstützt die Hypothermia meiner Patienten, die Auswirkungen dürften wir alle kennen. Weiterhin gibt es nach meinem aktuellen Kenntnisstand (SoF OEMS 2010, Pink Hill, USA) keine belastbare Studie, welche andere Vorteile einer Kühlung als Linderung für den Patienten belegt.

      Das ist schon lange bekannt, wird aber von vielen NotÄrzten und Rettungskräften gefliessentlich ignoriert, auch im militärischen Umfeld. Verbrennungspatienten erleiden regelmäßig Auskühlung und zusätzlichen Gewebeschaden durch Kälte, zu schweigen von Infektion durch unsteriles Kühlungsmittel.
      notarzt-dortmund.de/Download/V…dfassung%20DGV%202006.pdf

      Die Frischhaltefolie bewirkt dass die körpereigenen Flüssigkeiten auf der Brandwunde verbleiben und kein zusätzlicher Dreck hinein kommt. Außerdem hält sie zuverlässig, ist billig, vielseitig und mit geringem Packmaß verbunden.

      Steril ist garnichts sobald es aus der Packung ist, aber keimarm.
    • Hallo,
      die Kühlung soll neben der von dir angesprochenen Hitzewirkung auch den Schmerz verringern, darum steht in deinem Link auch extra fett, dass die Kühlung bei Intubierten entfällt, da diese bekannterweise sowieso meist schmerzfrei sind und auch kein Kältezittern als eindeutiges Hypothermiezeichen haben. Deshalb ist die Kühlung sehr wohl noch weiterhin in den meisten Fällen notwendig und Mittel der Wahl. Ich würde z.B lieber mit NaCl 0,9 befeuchtete aluderm® Kompressen draufpacken als die ganze schmerzhafte Hitze noch mit Frischhaltefolie zu isolieren.

      Gruß
      Johannes
      Morgen gibts die Reste

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Johannes.k.b () aus folgendem Grund: Für ein besseres Verständniss des Textes.

    • Was du tust liegt in deinem Ermessen und deiner Verantwortung.

      Ganz nebenbei variiert es je nach Arbeitsbereich.

      Bei meinem IED-Opfer möchte ich zum Beispiel aufs Härteste Hypothermia und die Gabe von Infusionsflüssigkeiten vermeiden.

      Den Schmerz mit meinen stark limitierten sterilen Flüssigkeiten oder meinem unsterilen aber ebenso limitierten Trinkwasser zu bekämpfen, mit dem Ergebniss das er in gleicher Stärke zurück kehrt sobald die Kühlung nachlässt, ist im taktischen/remote area setting nicht sinnvoll. Dafür bräuchte es Unmengen an Flüssigkeit und der Effekt neben einem guten Gefühl ist marginal. Den Schmerz kann ich anders angehen.

      Bedenke außerdem folgendes: Die Hitze ist bereits im Gewebe. Meine Kühlung muss diese Hitze einholen, von der Oberfläche bis ganz nach Unten. Das Ganze während die Hitze bereits mehrere Minuten Zeit hatte ihren Weg zu machen.
      Dieses Rennen kannst du nicht gewinnen, und in Abwägung zu Aufwand, Ausgabe und Nebeneffekt erscheint es wenig sinnvoll.

      Die frühe Umwicklung mit Frischhaltefolie soll das Risiko von Infektionen mindern und vor allem die austretende Flüssigkeit aus dem geschädigten Gewebe an und in eben jenem halten. Das tut sie zuverlässig und das ist die Hauptsache.
      Wenn du dann noch kühlen möchtest kannst du Stoff mit unsterilem Wasser befeuchten, über die Folie wickeln und den Verdunstungseffekt für dich arbeiten lassen. Spart Ressourcen.

      Im Übrigen steht in meinem Link dick und fett WÄRMEERHALT, eben weil selbst der deutsche Rettungsdienst mit seinen kurzen Wegen es schafft ein Verbrennungsopfer auszukühlen. Mit Schmerz hat das weniger zu tun, da gibt es nachhaltigere Mittel.

      Falls du mich auf eine belastbare Studie zu Kühlung und Effekt auf die Heilung des Patienten verweisen kannst wäre ich dankbar.

      EDIT: In meinem Link steht auch was von max 10min kühlen bei kleinen Wunden (wegen Fläche-Kühlung->Auskühlung) und KEINE Kühlung auf dem Transport, egal ob intubiert oder nicht.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Shiremono ()

    • Zum Thema folie bei Verbrennungen hat sich mir letztens beim Üben eine Frage ergeben.
      Hab es bis jetzt immer so gehandhabt das ich das Brandwundentuch(BW) auf die "Verbrennung"(Üb) gelegt bzw. angelegt habe und drüber die Folie um es Feucht zu halten bzw. noch besser abzudecken.
      Du schreibst das Du die Folie direkt auf die Verbrennung packst. Besteht keine Gefahr des schmelzens bei evtl. Resthitze wenn ich die Folie dirket auf die Wunde packe?

      Ansonsten hat die Folie wie bei den anderen auch einen festen Platz im MedPack.Für Brand,Thorax sowie Abdomen.
    • Ich weiss nicht wo genau der Schmelzpunkt der Folie liegt oder ob es da Unterschiede von Hersteller zu Hersteller gibt. Guter Punkt, muss ich mal prüfen.
      Allerdings kann man ein richtig heißes Stück Fleisch aus der Pfanne oder vom Grill direkt in Frischhaltefolie verpacken ohne das etwas schmilzt, ich denke also das die Hitze erheblich sein müsste um ein Schmelzen herbei zu führem.

      Gesehen oder gehört habe ich es allerdings noch nie, das sich die Folie mit der Wunde verschmilzt.
    • Frischhaltefolie sollte frühestens bei 130 Grad schmelzen. Kommt aber drauf an, ob sie aus Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyethylen (PE) gefertig sind. Meist sind sie aus PE. Es sind im übrigen keine Weichmacher in der Folie, die entweichen können.

      (@Moderator: vielleicht lässt sich die "Behandlung von Brandwunden mit Adhäsionsfolie" vom Ursprungsthema absplitten)
    • Hallo,
      erstmal zu der Frischhaltefolie: Frischhaltefolie ist ein Produkt für den Haushalt und für den medizinischen Gebrauch logischerweise nicht zugelassen. Es besteht also die Möglichkeit, dass durch die entstandene Wärme sich chemische Stoffe aus der Folie herrauslösen und in den Blutkreislauf gelangen und dann Jahre später z.B.
      Krebs auslösen. Aus diesen Gründen ist Frischhaltefolie in meinen Augen unverantwortlich und leichtsinnig.

      Zur Kühlung: Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Wärme die ins Innere geht nicht mehr aufzuholen ist (was ich nicht glaube)geht die Wärme auch in die Breite. Patienten, bei denen eine Kühlung unterlassen wird, haben darum sowohl einen höheren Grad der Verbrennung als auch eine größere Ausdehnung, was am Ende Verlust von Lebensqualität oder Tod zur Folge hat.

      Gruß
      Johannes
      Morgen gibts die Reste
    • Johannes,

      es bestehen große Unterschiede zwischen deutschem Rettungsdienst, taktischer Medizin und remote area medicine.

      Frischhaltefolie in einem solchen Setting zu verwenden ist weder unverantwortlich noch leichtsinnig. Es ist simpel, erprobt und effektiv.

      Deine Krebsgedanken muten mir etwas seltsam an, aber wie du das handhabst ist deine Sache. Mir wäre ein Zusammenhang zwischen dieser Folie (die im Restaurant benutzt wird um deine Serviettennudeln zu kochen, dein Ei/Foie du Gras zu pochieren etc und die du wahrscheinlich dutzende Male pro Woche benutzt um Dinge damit zu umwickeln die du später deiner Verdauung zuführst) und gesteigertem Krebsrisiko neu. Falls du da etwas Stichhaltiges liefern könntest wäre das interessant.

      Zur Kühlung: Interessante Behauptung, aber wie gesagt findet man keine wissenschaftlichen Belege dafür und allgemein geht der Trend in der combat medicine dahin, keine ausufernde Kühlung zu betreiben sondern maximal eine initiale...falls überhaupt.

      Kurzum: Ich vertraue zur Zeit mehr auf die Infos die ich von den Kameraden auf dem OEMS erhalten habe, als deinen Bedenken. Die haben da einfach mehr Erfahrung(PJ´s, 18D...) und Fachexpertise (Trauma Physician, Combat Support Hospital Baghdad).


      Ich bin ja hier um mich auszutauschen, aber ein bischen mehr als "könnte Krebsrisiko Jahre später steigern" brauche ich dann schon.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Shiremono ()

    • Shiremono schrieb:

      Zur Kühlung: Interessante Behauptung, aber wie gesagt findet man keine wissenschaftlichen Belege dafür und allgemein geht der Trend in der combat medicine dahin, keine ausufernde Kühlung zu betreiben sondern maximal eine initiale...falls überhaupt.

      Was davon ist deiner Meinung nach eine Behauptung? Für was genau willst du Belege haben?
      Morgen gibts die Reste
    • Das eine andauernde Kühlung bzw. Kühlung oberhalb initialer Kühlung von maximal 10 min des Verbrennungspatienten für einen besseren Ausgang sorgt.

      Bedenkenswertes Krebsrisiko durch Gebrauch von Frischhaltefolie wäre auch nett.
    • Shiremono schrieb:

      Das eine andauernde Kühlung bzw. Kühlung oberhalb initialer Kühlung von maximal 10 min des Verbrennungspatienten für einen besseren Ausgang sorgt.

      Ich habe nie gesagt, dass ich länger kühlen würde als 10 Minuten (wahrscheinlich sogar weniger). ich habe es nur so verstanden, dass du eine Kühlung komplett unterlassen würdest.

      Bedenkenswertes Krebsrisiko durch Gebrauch von Frischhaltefolie wäre auch nett.

      Da hab ich eine Frage: Aus welchem Material ist die von dir verwendete Folie?
      Morgen gibts die Reste
    • Ich stelle die Kühlung, speziell im taktischen Setting, nicht auf oberste Priorität. Weil es keine belastbare Studie/lessons learned dazu gibt, die einen positiven Effekt auf die Heilung des Patienten durch Kühlung ab meiner Stufe nachweist.

      Deine Materialfrage wurde bereits früher im Thread beantwortet, ich glaube es war Coldbreeze. Schreib also einfach worauf du hinaus willst.

      Es wäre schön wenn wir dieses Thema nicht mit ausufernder Suche nach dem Haar in der Suppe zukleistern. Falls du also etwas stichhaltiges vorweisen kannst, tu es. Wenn nicht, spar es dir.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Shiremono () aus folgendem Grund: Etwas hinzugefügt

    • Ist diese Diskussion vielleicht grad sehr theoretisch?

      Wer hat die Folie mal im Ermstfall angewandt?

      (gute-)Erfahrungen mit den hisigen zugelassenen Brandwundenversorgungsmaterialen gibt es sicher genung.

      Für eine effektive Versorgung ohne Analgesie haben wir doch Water Jel u.Ä. (bitte nicht wieder diese Diskussion anfangen, ohne sich genau zu informieren und praktische Erfahrungen zu haben....)
    • Ich habe sie bereits angewendet.

      Ich schreibe hier in einem Forum mit der Überschrift

      Behandlungskonzepte
      TCCC, First Aid Responder, Tactical Medic, etc.
      Da mein Handlungsschwerpunkt auf Remote Area und Tactical Medicine liegt, schreibe ich aus diesem Blickwinkel. Frischhaltefolie zu verwenden ist nicht meine theoretische Idee, es ist angewandte und erprobte Praxis. Nicht von wilden Wald-und Wiesen Airsoftmedics sondern von Profis, auf verschiedenen Stufen der Versorgung von Militär oder Wildnissrettung.

      Ich möchte hier sehr gerne diskutieren und/oder das Wissen weitergeben das ich mir für viel Geld und Flugmeilen angeeignet habe.
      Ich möchte keine Totschlaggespräche führen wie sie mir im deutschen Rettungsdienst begegnet sind, dazu zählen hahnebüchene Krebsgedanken bei einem Schwerstverwundeten im Kriegsgebiet oder abgelegenen Teilstück dieser Welt und plumpe Is´so-Behauptungen wie "Wenn man abbindet fällt das komplette Bein ab, deswegen muss man so nah wie möglich an der Wunde abbinden."

      Ich spreche NICHT über die deutsche Rettungskette und rate hier schon gar keinem RettSan/RettAss Frischhaltefolie zu verwenden, denn man wird ihn an den Eiern aufhängen. Nicht weil es Sinn macht sondern weil er ein pöser Pursche war.
      Da dieses Forum nicht "Rettungsdienst und Blaulichtfahrt" heißt, hatte ich mir diesen Hinweis gespart.

      Also nochmal:
      Kühlung ist auf meiner Ebene kaum Priorität, weil ich Zeit brauche um zum Verwundeten zu kommen bzw erst der Feind liebevolle Zuwendung braucht. Wenn ich den Verwundeten erreiche, ist er gelöscht und die Wunde mehrere Minuten alt. Andernfalls ist er tot oder derart zugerichtet das er DECEASED genannt wird.
      Kühlung mit den paar Litern sterile Flüssigkeit die ich im Rucksack habe bzw den paar Litern unsteriler aber halbwegs sauberer Flüssigkeit die in Camelback und Flasche vorhanden sind, ist keine Option. Ein dehydrierter Medic ist einfach scheiße.
      Kühlung hat fürderhin nach meinem Stand keinen nennenswerten Einfluss auf den Ausgang des Patienten, EIN NACHWEIS FÜR DAS GEGENTEIL IST VON MIR GESUCHT UND ERBETEN, wer einen hat mag ihn mir also BITTE ins Gesicht schmeißen.
      Kühlung hat fürderhin einen Nebeneffekt der mir bei meinem Verbrennungspatienten größte Sorgen macht, nämlich Hypothermia. Nach Aussage mehrerer Ärzte sowohl in Deutschland als auch anderswo, kommen viele Patienten und speziell Verbrennungspatienten mit merklicher Temperatursenkung ins Krankenhaus. Dabei rede ich von einer recht kurzen Rettungskette mit einem geschlossenen Rettungswagen.
      2°C abwärts und mein Patient hat Veränderungen in der Immunfähigkeit und der Blutgerinnung, was mir speziell bei einem Patienten der einer Detonationswelle ausgesetzt war gewisse Sorgen bereitet. Nehme ich den Umstand dazu das die Zuführung zu einem Trauma Surgeon einige Stunden, teilweise auch mal mehr als einen Tag in Anspruch nimmt, so erscheint mir der positive Effekt von Kühlung diesen Handel nicht wert.

      Die Frischhaltefolie hält, im Gegensatz zu vielen sehr speziellen Produkten aus dem medizinischen Sektor, zuverlässig auf einem verschwitzen patschnassen Patienten mit Körperbehaarung. Viele spezielle medizinische Produkte tun dies nicht.
      Sie sorgt dafür das die Wunde nicht weiter kontaminiert wird und hält die Flüssigkeit, die aus dem geschädigten Gewebe austritt, in und auf der Wunde.
      Sie ist leicht, sie ist billig, sie ist vielseitig und sie hält. Das sind 4 Punkte die sie sehr vielen speziellen medizinischen Produkten voraus hat.


      Wer das Beschriebene diskutabel findet soll BITTE mit mir argumentieren, dafür bin ich hier. Aber NICHT aus der Perspektive deutscher Rettungsdienst, und nicht mit einer Idee über Krebsrisiko.
      Danke.

      Wegen dem Schmelzpunkt der Folie habe ich mehrere Markenhersteller aus Deutschland angeschrieben und warte auf Antwort, danke für diese Überlegung an den Member Pingu.