Verwundeter Kamerad -> Rettungsteam & Grundsätze

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Verwundeter Kamerad -> Rettungsteam & Grundsätze

      In den letzten Jahren ist das Thema der taktischen Verwundetenversorgung sowie die Rettung mehr und mehr aktuell geworden. Neue Produkte und Techniken tauchen schon fast wöchentlich auf der Bildfläche auf und nicht wenige davon sind auch in kurzer Zeit wieder verschwunden.
      Die meisten der „Neuerungen“ haben wenig bis gar keine Berechtigung in einem taktischen Umfeld und sind, außer unter Idealbedingungen, nicht durchführbar.
      Obwohl jede Versorgung und Rettung in einer Gefechtslage anders ist und eine angepasste Vorgehensweise verlangt, gibt eine gemeinsame Komponente – den „Plan“ zur Rettung selbst.
      Unsere Bündnispartner haben in den aktuellen Konflikten sehr oft und teilweise sehr schmerzlich erfahren müssen, dass gute Ausrüstung ohne eine strukturierte Vorgehensweise alleine, zum Scheitern verurteilt ist.

      Eine dramatische Szene wurde durch eine Fotoserie festgehalten, die zeigt wie mehre Marines versuchen, einen Verwundeten zu Retten. Obwohl der Ort des Geschehens (Iraq / Strasse ohne nennenswerten Schutz vor feindlichem Feuer) ein direktes Vorgehen unmöglich machte, versuchte der Medic den besagten Marine zu erreichen und ihn aus der Feuerzone zu ziehen.
      Der Medic wurde angeschossen (und starb später an dem Blutverlust), im weiteren Verlauf versuchten noch drei andere Marines beide Verwundeten zu Retten – ohne Erfolg, gleichwohl wurden auch diese Marines schwer Verwundet.
      Am Ende konnte nur mit Wirkungsfeuer und dem Zusammenspiel von Feuer & Bewegung eine Rettung aus der Gefechtszone umgesetzt werden. Eine Analyse dieses und anderer Vorfälle zeigte, dass zwar die Ausrüstung (IFAK, TQ, QuickClot©) gut ist aber teilweise keinerlei Situationsbewusstsein besteht.

      Längst ist es auch für uns Bundeswehrsoldaten nicht mehr nur der Krieg der „anderen“ sondern es ist, auch wenn die Politik es nicht mag, unser Krieg.

      Zeit einige Überlegungen anzustellen! Jeder Gruppenführer tut gut daran, sich einmal Gedanken zu dem Szenario zu machen. Die folgenden Punkte stellen das Grundgerüst dar, mit dem eine Rettungssituation unter feindlichem Beschuss oder während einer Bedrohungslage umgesetzt werden kann.


      Fitness & Größe
      Halten wir uns vor Augen, dass wir bei der Rettung eines Verwundeten, ob mit Trage/ Tuch etc. oder ohne, ein teilweise erhebliches Gewicht transportieren müssen. Hinzu kommt noch der Zeitfaktor – es sollte so schnell gehen wie möglich um die eigenen Kräfte nur so lange wie nötig zu exponieren. Um einen Eindruck davon zu bekommen, sollte ein körperlich kleiner Soldat mal einen schweren Kameraden nebst IDZ und Waffe transportieren. So lange dauert es unter Idealbedingungen.

      Terrain & Bodenbeschaffenheit
      Was auf der Wiese hinter Kompanie noch problemlos geklappt hat, wir auf einem rauhen und steinigen Boden plötzlich durch veränderte Reibung zu einem Desaster. Das gilt natürlich auch für den Kampf im bebauten Gelände, hier haben wir mitunter Treppenstufen und Beton, dessen Reibung eine Bewegung erschwert. Vielfach wird auch vergessen, dass die Witterung selbst ein Problem darstellen kann (Regen / Schnee -> rutschig oder glatt) und auch in einer geronnenen Blutlache kann man Ausrutschen!

      Gruppenstärke / Rettungsteamstärke
      Welche Ressourcen stehen mir zur Verfügung? Hier ist es wichtig das ausgewogene Verhältnis zwischen zu viel Soldaten und genau passend zu finden. Anders ausgedrückt, viele Soldaten bedeuten zwar auch viele Sturmgewehre, sind aber auch ein großes Ziel!
      Als Teileinheitsführer gilt es genau abzuwägen, wie viele Soldaten ich dem gegnerischen Feuer stärker exponiere und vor allem -> können meine Kräfte hier ggfls. aus einer anderen Stellung besser auf den Gegner einwirken?

      Feuerschutz / Unterdrückungsfeuer
      Häufig kann man beobachten, wie der Soldat der seinen Kameraden in Deckung zieht, dass Feuer erwidert bzw. einen Feuerkampf aus der Bewegung führt. In einem Rettungsszenario ist das schlecht, sehr schlecht!
      Es verlangsamt zum einen die Bewegung (den Kameraden in Deckung ziehen) und zum anderen liegen die Treffer sowieso nicht im Ziel – einen entschlossenen Gegner wird das nicht abhalten.
      Wer es nicht glaubt, der soll es in der Übung mal testen. Man nehme unseren schwächsten Kameraden, der einen Titanus-Ursus in Deckung zieht und mit dem G36 im einhändigen Schulteranschlag, aus der Bewegung ein Ziel bekämpft. Es muss gar keine Schußabgabe erfolgen, einfach nur den Lauf beobachten – er wandert in alle Richtungen. Und was uns noch auffällt, der Gute ist erheblich langsamer in seiner Bewegung.
      Und das ist eine Einladung zum Treffer.
      Daher:
      Erst den Gegner unterdrücken und dann die Rettung. Das kann dann auch bedeuten, einen Rettungseinsatz zeitlich zu verschieben, bis man im taktischen Vorteil ist. Sei es durch wirksames Feuer auf den Gegner oder unsere Nachtsichtfähigkeit, die bei der Dunkelheit ausgenutzt werden kann.
      Besteht das Rettungsteam nur aus einer Person ist ein solches Unterfangen sinnlos und führt zu weiteren Verlusten.
      Auch wenn es jeder kennt, der alte Grundsatz „keine Bewegung ohne Feuer & kein Feuer ohne Bewegung“ ist aktueller denn je!!

      Gegner / Feindstärke
      Kein Gegner ist gleich!
      Gehen wir von dem ISAF Einsatz aus, haben wir es mit einem Gegner zu tun, der motiviert ist und auch unter Feuer willens ist uns anzugreifen. Hier muss zwingend ein präzises Feuer auf den Gegner gesetzt werden.
      Ein Rettungsteam muss seine Feuerkraft realistisch einschätzen und im Hinterkopf haben, dass religiös motivierte Gegner sich auch unter schwerem Feuer nicht immer zurückziehen. Eine Erfahrung, die auch die US-NAVY Seals gemacht haben und in Afghanistan ein trauriges Lehrgeld zahlten. Daher gilt der erste Grundsatz im TCCC „die beste Erstmaßnahme besteht in der Waffeneinwirkung auf der Gegner!“.

      Missionsabbruch
      Kein Einsatz erfolgt ohne den Gedanken an einen Abbruch!
      Ab wann macht eine Rettung keinen Sinn mehr? Ist das Verhältnis zwischen zu erwartenden Verlusten und der Rettung eines Verwundeten zu groß, muss man den Einsatz abbrechen. Diese Grenze muss sich der Teileinheitsführer vor dem Einsatz setzen und sich auch daran halten.
      Jeder Rettungseinsatz ist Zeitkritisch – Geschwindigkeit ist lebensrettend für den Verwundeten und für unsere Eigensicherung. Verlieren wir dieses Momentum, ist der Einsatz in Frage zu stellen und ggfls. Eine andere taktische Lage abzuwarten oder herbeizuführen.



      Diese Fragen müssen im Vorfeld geklärt sein und erst dann geht es los. Zum Abschluss noch der Hinweis, sich eine Bergungsschnur zu basteln. Dazu sollte nur ein belastbares Seil aus dem Klettersport in einer Länge von 10m bis 15m benutzt werden. Ein bekannter Hersteller ist hier Edelrid©. An diesem Seil kann man nun eine Schlinge anbringen und auch einen Karabiner. Etwas Gewicht an dem Wurfende und fertig ist das gute Stück. Man kann dieses Seil einem Kameraden nun zuwerfen, dieser kann sich nun daran festhalten oder den Karabiner an seiner Kampfmittelweste befestigen. Somit hat man ein Hilfsmittel, um einen verwundeten Kameraden in Deckung zu ziehen.

      Es gibt solche Vorrichtungen auch von Herstellern aus den Vereinigten Staaten, man nennt sie dort „Extrication Devices“.
    • Zunächst eine Eigengefährdung ausschließen, ggfls. Feindfeuer erwidern
      Erstversorgung nach MARCH

      M - Massive Bleeding (starke Blutungen)

      A - Airway (Atemwge)

      R - Respirations (Atmung)

      C - Circulation (Kreislauf)

      H - Head (Kopf)

      Eine systematische Absuche des ganzen Körpers nach starken Blutungen, diese mittels TQ stoppen

      Überprüfung der Atemwege auf Fremdkörper, Blutungen, Schwellungen, zerissenes Gewebe. Freimachen der Atemwege soweit möglich

      Überprüfung der Atemtätigkeit - Heben und senken des Brustkorbes, sein Auge über Mund & Nase halten um einen Atemstoß zu spüren

      Überprüfung des Kreislauf´s an den Halsschlagadern, ein Druck auf das Zahnfleisch (wird es schnell wieder rot -> durchblutet)

      Überprüfen des Kopfes auf Hirnmasse, Blutung aus den Ohren, Versuch die Schädeldecke anzuheben, ist der Nacken intakt oder zefetzt, ein Blick auf die Augen (soweit vorhanden) - sind die Pupillen ungleich oder seitengleich

      Wichtig -> keine Atmung, kein Kreislauf dann -> keine CPR / HLW
      Wichtig -> ausgetretene Hirnmasse -> keine CPR / HLW
      Wichtig -> starke Blutung, abgerissene oder zerfetzte Gliedmaßen -> TQ soweit möglich ansonsten Verband & QuicClot (soweit vorhanden)